
Digitale Touchpoints bei Schweizer Krankenversicherungen
Bei der Ausgestaltung des digitalen Kundenerlebnisses bietet sich den Schweizer Krankenversicherungen weiterhin grosses Differenzierungspotential. Dies bestätigt die jährliche Synpulse Studie, welche den digitalen Reifegrad der Front-End-Applikationen bei den 13 grössten Schweizer Krankenversicherern evaluiert. Zukünftig plant Synpulse auch den Digitalisierungsgrad des Back-Ends zu untersuchen.
Laden Sie hier die detaillierten Studienresultate herunter!
In der Zeit der Digitalisierung sind die Schweizer Krankenversicherer gefordert. Die sich bietenden, interessanten Möglichkeiten müssen genutzt werden, um am Markt bestehen zu können. Dabei ermöglicht Digitalisierung nicht nur Kostensenkungen durch Automatisierung, sondern vor allem auch ein grosses Begeisterungspotential im Kundenerlebnis. Für Krankenversicherer, die überdurchschnittlich viele Touchpoints mit ihren Kunden haben, ist das besonders wichtig. Die hier vorgestellte Studie beleuchtet und bewertet die digitale Kundenbetreuung der 13 grössten Krankenversicherer der Schweiz. Die Digitalisierung wurde anhand der Verfügbarkeit von Funktionalitäten auf Online-Kundenportalen und mobilen Applikationen, sowie Präsenz auf den sozialen Medien bewertet. Zukünftig soll eine Erweiterung der Studie auf die Digitalisierung des Back-Ends zusätzlichen Einblick in den digitalen Fortschritt am Schweizer Krankenversicherungsmarkt geben.
Aktuelle Situation und Best Practices
Der Trend der letzten Jahre zeigt, dass die Schweizer Krankenversicherer ihre Online-Präsenz kontinuierlich verbessert haben. Neue Kundenportale und mobile Applikationen werden aufgeschaltet und auch die Präsenz auf sozialen Medien nimmt zu. Mittlerweile stellen praktisch alle grossen Schweizer Krankenversicherer ihren Kunden ein solches Portal zur Verfügung. Dieses ist in den meisten Fällen responsive und lässt sich mühelos auf verschiedenen Geräten benutzen. Einzige namhafte Ausnahme war bis anhin die Concordia, welche zwar über ihre Webseite gewisse Services wie etwa die Meldung eines Adresswechsels anbietet, aber noch über kein Kundenportal verfügte. Dieses wurde nun vor kurzer Zeit ebenfalls lanciert (in den Studienergebnissen wurde das neue Kundenportal jedoch nicht berücksichtigt, da der Go-Live nach dem Stichtag der Ergebniserhebung stattfand). Sehr unterschiedlich ist auch der Stand bezüglich Verfügbarkeit von Funktionalitäten und der Benutzerfreundlichkeit. Während Funktionalitäten wie z.B. das Erstellen einer Offerte oder das Einsehen der abgeschlossenen Verträge im Schweizer Markt heute eher zum Standard gehören, können sich Krankenversicherer noch durch das Anbieten zusätzlicher Services hervorheben. Dazu gehören unter anderem die Möglichkeit direkt vom Portal über verschiedene Kanäle den Kundenberater kontaktieren zu können, auf einfache Weise rund um die Uhr Fragen zu stellen oder Beschwerden zu erheben und Rechnungen über diverse Kanäle einzureichen sowie deren Verarbeitungsstatus zu überprüfen. Diese Services werden zur Zeit nur vereinzelt angeboten. Insgesamt ist die Helsana im Schweizer Markt gemäss dem Synpulse-Rating in Sachen Funktionalitäten und Benutzerfreundlichkeit des Kundenportals die Spitzenreiterin, wobei Atupri, Sanitas und die CSS-Gruppe nicht weit zurückliegen.
Bei mobilen Applikationen sieht die Situation ähnlich aus: Praktisch alle Schweizer Krankenversicherer bieten mindestens eine mobile Applikation an. Verbreitet sind Self-Service Funktionalitäten wie das Scannen von Rechnungen oder Motivationshilfen für mehr Bewegung und Sport im Alltag. Versicherer differenzieren sich diesbezüglich von ihren Mitstreitern indem sie eine Vielzahl an integrierten Funktionalitäten oder ein funktionierendes Gesundheitsförderungsprogramm mit einem attraktiven Belohnungssystem anbieten. In unserem Ranking führt die CSS das Feld im Bereich der mobilen Applikationen an, wobei die Sanitas eine noch breitere Palette an Funktionalitäten aufweist und die Helsana das wahrscheinlich umfassendste und meistdiskutierteste Gesundheitsförderungsprogram (Helsana +) im Angebot hat.
Die Analyse der Präsenz in den sozialen Medien (Facebook, YouTube, Twitter) zeigt nicht nur den erfolgreichen Umgang mit diesem Kanal auf, sondern vor allem auch die strategische Priorität, welche Krankenversicherer ihm beimessen. Dabei zeigen sich grosse Unterschiede im Markt. Während praktisch alle Krankenversicherer auf mindestens einer Plattform vertreten sind, unterscheidet sich ihre Aktivität und Reichweite aber stark. Der Facebook Account der Helsana erreicht fast 35'000 User, derjenige der EGK gerade mal um die 1'000. Obwohl viele Versicherer relativ aktiv auf den sozialen Medien präsent sind, vermögen sie gemessen an der Anzahl ihrer Kunden im Vergleich zu anderen Branchen eher wenig über diesen Kanal zu mobilisieren. Zudem werden heute nur ganz vereinzelt Service-Funktionalitäten über Social Media angeboten.
Erfolgsfaktoren für die Zukunft
Obwohl Online-Kundenportale und mobile Applikationen in der Schweizer Assekuranz mittlerweile weit verbreitet sind, gibt es dennoch grossen Handlungsbedarf um ein begeisterndes und vor allem durchgehendes Kundenerlebnis sicherzustellen. Auch im internationalen Vergleich sind einige Themen noch nicht im Schweizer Markt angekommen.
Bei Kundenportalen ist die Breite der angebotenen Funktionalitäten sowie die Tiefe der Integration entscheidend. Dazu gehört nicht nur die Anbindung an ein CRM, sondern auch an die Leistungs- und Finanzsysteme, damit Kunden beispielsweise Einsicht in den Bezahlstatus sowohl von Prämien- als auch von Leistungsabrechnungen haben. Einfachste Handhabung sowie höchste Nutzerfreundlichkeit bei grösster Sicherheit versteht sich eigentlich von selbst, ist aber heute bei weitem noch nicht überall der Fall.
Bei den Apps ist es wichtig, dass diese für den Kunden relevant genug sind um sie regelmässig zu nutzen. Deshalb sehen wir eher Potential für umfassendere Apps mit mehreren integrierten Funktionalitäten, da diese ansonsten nur für Kundensegmente mit ganz spezifischen Interessen relevant sind. Ausserdem machen Apps unserer Meinung nach vor allem Sinn, wenn dabei auch die von Smartphones gebotenen Zusatzmöglichkeiten und Metadaten sinnvoll eingesetzt werden wie beispielsweise die Kamera für Rechnungs-Scans oder Geodaten für Bewegungsprogramme.
Social Media hingegen sollte von Versicherern nicht mehr als blosser Marketing-Kanal genutzt werden, sondern zunehmend auch mit Service-Angeboten angereichert werden. Dazu gehören beispielsweise die Einbindung von Chatbots auf WhatsApp oder Facebook, welche einfachere Kundenanliegen direkt erledigen können. Auch ein direkter Versicherungsabschluss aus den sozialen Medien heraus sollte je nachdem angedacht werden. Das ist heutzutage nach unserem Wissenstand noch bei keinem Versicherer der Fall, obwohl bei Kunden das Vertrauen in Voice Assistants und auch die Benutzerfreundlichkeit von Messengern kontinuierlich zunimmt.
Die kluge Umsetzung der erwähnten Themen entlang einer bewussten strategischen Planung bietet erhebliches Differenzierungspotential bezüglich Kundenerlebnis für die kommenden Jahre. Zudem können bei geschickter Implementierung auch Kosten durch Automatisierungseffekte eingespart werden.
Studien-Erweiterung Back-End
Entscheidend ist bezüglich Digitalisierung aber nicht nur das resultierende Kundenerlebnis, sondern auch die Effizienz, mit dem es erbracht werden kann. Daher soll künftig die Frage nach dem Digitalisierungsgrad des Back-Ends erhoben werden. Diese wiederum haben einen grossen Einfluss auf die Kosten und die Bearbeitungszeiten und tragen somit auch massgeblich zum Kundenerlebnis bei. Für die Erweiterung der Studie werden die Dimensionen Vertrieb, Antragsprüfung, Rechnungsabwicklung, Kundenservice, RPA, Artificial Intelligence sowie Innovationsfähigkeit beleuchtet.
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Zur Erhebung des Digitalisierungsgrades ist Synpulse auf die Teilnahme und Mitarbeit der Krankenversicherer angewiesen (Selbstdeklaration). Gerne dürfen sich interessierte Parteien bei den Autoren melden, um den eigenen Digitalisierungsstand im Vergleich mit dem Wettbewerb zu verstehen und Differenzierungs- und Optimierungspotential zu erkennen.